Das Bargheer Museum zeigt mit 200 Fotografien erstmals eine Gesamtschau des herausragenden Werks von Rolf Tietgens (1911 – 1984).
Präsentiert werden alle thematischen Schwerpunkte seiner Arbeit: Norddeutsche Landschafts- und Hafenbilder ebenso wie Aufnahmen, die während Aufenthalten in den Reservaten der indigenen Bevölkerung Amerikas oder auf Reisen durch Europa entstanden. Zu sehen sind darüber hinaus Fotografien zu den Themen „street photography“, Surrealismus und Produktwerbung, die in der New Yorker Zeit festgehalten wurden.
Aus einer der wohlhabendsten Hamburger Kaufmannsfamilien (Tietgens & Robertson) stammend, wurde Rolf Tietgens früh durch den Künstlerkreis um Eduard Bargheer und Herbert List geprägt. Nach einem Studium der Fotografie und des Films an der bekannten Berliner Reimann-Schule veröffentlichte er bereits seit Mitte der 1930er Jahre Stadt- und Landschaftsaufnahmen in mehreren deutschen Bildmagazinen. Mit „Die Regentrommel“ (1935), einer ethnographischen Studie über das Leben der indigenen amerikanischen Bevölkerung in den Reservaten, und vor allem mit dem 1939 zum 750jährigen Bestehen des Hamburger Hafens erschienenen Band „Der Hafen“ legte Rolf Tietgens zwei herausragende Publikationen vor, die aufgrund einer virtuosen Aneignung der Bildsprache des Neuen Sehens zu den wichtigsten Fotobüchern der 1930er Jahre gezählt werden.
Als homosexueller Künstler von nationalsozialistischer Verfolgung bedroht, emigrierte Rolf Tietgens 1938 nach New York, wo es ihm schnell gelang, durch Veröffentlichungen in den führenden amerikanischen Fotomagazinen auf sich aufmerksam zu machen. Als Mitglied der renommierten „New York Photo League“ war er als sozial engagierter Fotoreporter in den Straßen New Yorks unterwegs und beteiligte sich 1941 an der vom „Museum of Modern Art“ organisierten Ausstellung „Image of Freedom“ mit Aufnahmen, die anschließend für die Sammlung angekauft wurden.
Später arbeitete Rolf Tietgens als Werbefotograf und wurde für seine innovativen Ideen bei der Gestaltung von Reklameanzeigen für Kosmetik, Schmuck und Medikamente mehrfach ausgezeichnet. Darüber hinaus entstanden einige Serien zu frei gewählten Themen, in denen er die vom Surrealismus entwickelten Bildideen aufgriff. Eine langjährige Freundschaft verband Tietgens mit der Schriftstellerin Patricia Highsmith, die er porträtierte und die Aufnahmen surreal überformte.
Tietgens Bedeutung für die Hamburger Kultur der Zwischenkriegszeit und auch sein Platz innerhalb der deutschen und internationalen Fotogeschichte wird deutlich.
Ein weiterer Bereich der Ausstellung dokumentiert die freundschaftliche Beziehung, die den Künstler Eduard Bargheer mit der Familie Tietgens verband anhand von Aquarell- und Ölgemälden sowie Druckgraphiken.